Montag, 12. September 2011

Claudio Magris: Zum neuen Roman "Blindlings"

Die Genese des polyphonen Textes geht bis auf die 1980er Jahre zurück. Magris wies schon damals auf die historische Tragik hin, die das zentrale Thema des erzählerischen Makrokosmos von "Alla cieca" konstitutiert: die Geschichte des titoistischen Gulags von Goli Otok, das heißt einer Revolution, die ihre Kinder fraß. Das Werk ist ein einziger fieberhafter Monolog einer Stimme, die sich vervielfacht, die Anamnese eines gespaltenen Ich vor dem Arzt eines psychiatrischen Zentrums. Ein Ich, das am "blindlings" waltenden Übel der Weltgeschichte zerbrochen ist. Magris variiert hier in einer virtuosen Kombinatorik verschiedenster Ausdrucksformen und Register das alte Motiv des monologisierenden "Wahnsinnigen", der eine unheilvolle "Normalität" demontiert und denunziert. 


Quelle:
http://public.univie.ac.at/presse/viewpage/archive/2008/april/article/claudio-magris-liest-blindlings-in-wien

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